Donnerstag, 14. Mai 2015

Gefühle

Immer wieder lese ich, dass eine Schwangerschaft nicht das non plus ultra ist. Das sich die Frauen schlecht fühlen, traurig sind, dass es kein Zuckerschlecken ist.

Ja, es ist eine grosse Veränderung für das ganze, restliche Leben.

Ich kann nur für mich sprechen und sagen, dass ich nicht weiss, wann ich das letzte Mal so glücklich war. Das bemerkt übrigens auch mein Umfeld. Ich habe kein Ängste. Und mir kullern noch heute täglich Freudetränen, wenn ich an mein doppeltes Glück unter meinem Herzen denke.

Vielleicht ist das auch so, weil ich fast mein ganzes Leben lang kämpfen musste? Ich könnte Bücher schreiben über meine Vergangenheit. Missbrauch, Mobbing, schwerer Unfall, Existenzängste körperlich wie auch finanziell, Einsamkeit... Ich rede eigentlich nie gross über meine Vergangenheit, was geschehen ist, kann nicht rückgängig gemacht werden. Das hat zur Folge, dass die Leute mein "perfektes" Leben sehen, halt das Bild, das sich nach aussen gibt.

Vor 3 Jahren, nach meinem Bornout und der folgenden Diagnose mehrfach komplexe, posttraumatische Belastungsstörung mit dissoziativer Komobidität, beschloss ich, meine Vergangenheit aufzuarbeiten. Die Therapeuten waren alle sehr erstaunt, wie "normal" ich mein Leben führen konnte mit der Diagnose und Geschichte. Das ist wohl auch grösstenteils meinem Mann zu verdanken, der immer zu mir hielt, egal was passierte. Zudem war ich von Klein an verpflichtet, Verantwortung zu übernehmen.

Jedenfalls war ich vor einem Jahr mitten in der Traumakonfrontation. Leider trauten mein Therapeut und ich mir selber zu viel zu. Resultat war eine schwere Depression mit Suizidgedanken und Borderline Störung. Mein Therapeut wollte, dass ich in die Klinik gehe, wegen Selbstgefährdung. Ich wollte nicht. So einigten wir uns auf 2 Sitzungen die Woche und täglicher E-Mail-Kontakt. Hätte ich mich nicht daran gehalten und mich nicht pünktlich gemeldet, hätte er die Polizei informiert und ich wäre mittels FFE (Fürsorgerischer Freiheitsentzug) in die Klinik gekommen. Mein Mann und meine Freundin wurden auch miteinbezogen. Doch trotz allem schaffte ich es, meine täglich notwendigen Verpflichtungen (mich melden, Tiere versorgen, mich selbst pflegen) zu erfüllen. Es dauerte 6 Monate, bis es wieder aufwärts ging. Mein Therapeut findet, dass ich durch diese Krise wieder einen grossen Schritt vorwärts gemacht habe.

Viele denken wohl nun: Uaahh, und so jemand bekommt nun Kinder?
Das erste ist, ich war in all den Jahren NIEMALS fremdgefährtend, sondern höchtstens selbstgefährtend. Und jedesmal schaffte ich es, sobald ich merkte, dass es mir schlechter ging, Hilfe zu holen und sorgte dafür, dass meine Schutzbefohlenen (bis anhin die 4 Hunde und die Pferde) immer betreut wurden.
Desweiteren werde ich weiterhin in die Therapie gehen. Traumakonfrontation hat momentan Pause, bis nach dem Abstillen, doch dann gehts weiter. Hätte mein Therapeut einmal das Gefühl, ich wäre nicht fähig, für die Kinder zu schauen, müsste er die Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde einschalten. Da er mich nun über 2 Jahre kennt, kann er an meinem Gesichtsausdruck meine Verfassung ablesen.
Durch meine Geschichte habe ich bereits als Kind sehr früh gelernt, Körpersprache zu lesen. Stimmungen zu fühlen. Das war für mich überlebenswichtig. Heute hilft mir diese Gabe bei der Ausbildung von den Pferden und dem Leben mit den Hunden. Und ich durchschaue damit die Menschen. Erwachsene haben die gelernt, A zu sagen obwohl sie B fühlen. Die Gesellschaft verlangt es. Mach ich ja auch. Doch die Körpersprache lügt nie. Sie drückt die Gefühle aus. Ich lese quasi immer zwischen den Zeilen mit. Bei meiner Pflegetochter half mir das immer sehr, ich spürte es, wenn sie abstürzte und konnte mich mit dem "Falltuch" bereitstellen. Ich denke, bei meinen Kindern wird es nicht anders sein.

Eine weise Frau hat mir mal gesagt, jede Seele wählt sich ihr Leben und ihre Aufgabe selbst. In jedem Leben wächst du in der Weisheit. Du bekommst nur soviel aufgebürdet, wie du tragen magst.

Ich fühle mich das erste Mal in meinem Leben frei und angekommen. Meine Seele sagt, es wird alles gut. Ich vertraue darauf.

3 Kommentare:

  1. Ich liebe deine ehrlichen Beiträge und wir sind da beide total auf einer Wellenlänge. Bereits bei dem "Warum jammern Schwangere in Foren ständig" habe ich nur genickt und genickt beim Lesen.

    Es gibt sicherlich schwierige Schwangerschaften, in denen man sich viele Sorgen machen muss, aber wenn eine Schwangerschaft halbwegs normal verläuft, so sehe auch ich absolut keinen Grund, jammern zu müssen oder so zu tun, als wäre man sterbenskrank. Ich finde auch die Aussage zum Schluss hin immer total daneben: "Ach, jetzt hast du es bald geschafft und die Schwangerschaft ist endlich vorbei." Vielleicht bin ich gerne schwanger? Vielleicht genieße ich die Zeit sehr? Und die paar Zipperlein nimmt man echt gern in Kauf - wobei das auch, wie du sagst, reine Einstellung ist. Ich freue mich, wenn ich zunehme, ich freue mich, wenn ich müde bin und merke, dass mein Körper etwas arbeitet.

    Aber vielleicht können das nur Leute verstehen oder genießen, bei denen das Leben nicht immer gerade gelaufen ist, die auch einmal sehr steinige Wege gehen mussten. ;-)

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    1. Danke für dein Kompliment.
      Ich denke, wenn man solange wünschen und hoffen musste, sieht man es anders, als wenn es einem in den Schoss fällt.
      Ich geniesse die Zeit, sie wird einmalig sein in meinem Leben.

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    2. :-) Ich genieße meine Schwangerschaft auch sehr und mir ist komplett wurst ob ich müde bin, ob mir übel ist oder sonst was. Ein jeder tag davon ist ein Geschenk und ein einmaliges Erlebnis.

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